AfD und Ein Prozent
Zu Gast bei Faschisten-Konferenz

Die Konferenz "Europa - Comunita di popoli civilta". Im grünen Pullover auf dem Podium: Philip Stein

Der Saal im Hauptquartier der italienischen Casa Pound in Rom ist prall gefüllt, an der Wand hängt ein Portrait des französischen Rechtsterroristen Dominique Venner. Der „Blocco Studentesco“, die Jugendorganisation der neofaschistischen Bewegung, hat am 21. und 22. April 2017 zum Kongress „Europa – Comunita di popoli civilta“ – sinngemäß etwa „Europa, kulturelle Gemeinschaft der Völker“ – geladen.

Versammelt haben sich Vertreter verschiedener Neonazi-Organisationen aus ganz Europa, etwa der „Goldenen Morgenröte“ aus Griechenland, der „Action Francaise“ oder der spanischen „Hogar Social“. Auch 5 Männer aus Deutschland sind dabei – einer von ihnen, Philip Stein, sitzt auf dem Podium. Stein ist Projektleiter der aus dem Umfeld von AfD, Identitärer Bewegung (IB) und Institut für Staatspolitik (IfS) gegründeten „Initiative Ein Prozent für unser Land“, vorgestellt wird er in Rom aber als Verleger seines Kleinverlags „Jungeuropa“, in dem er Klassiker der sogenannten Neuen Rechten neu auflegt.

Bemerkenswerter als die Anwesenheit Steins ist aber die Gruppe seiner Begleiter. Einer von ihnen hält sich auffällig im Hintergrund. Als später die Mitteldeutsche Zeitung (MZ) über seine Anwesenheit berichtet, wird ein Foto auf der Seite eines Casa Pound-Fotografen, das ihn am hinteren Ende des Saals stehend zeigt, eilig gelöscht. John Hoewer ist Referent für Inneres der AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt und in den vergangenen Monaten immer wieder als extrem rechter Burschenschafter mit Kontakten zur Identitären Bewegung aufgefallen. Auch für „Ein Prozent“ trat er mehrfach als Redner bei Kundgebungen auf.

John Hoewer bei der Konferenz in Rom

Ebenfalls Grund für Hoewers Zurückhaltung dürfte der Rest der Ein Prozent-Reisegruppe sein. In der zweiten Reihe, gut sichtbar für die Kameras, sitzen nicht nur Philip Thaler von der identitären „Kontrakultur Halle“ und Steins Praktikant Martin Bader aus Dresden, sondern auch der ebenfalls in Dresden lebende ehemalige Bundesvorsitzende der NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) Michael Schäfer. Nach dem Ausscheiden der NPD aus dem sächsischen Landtag, für deren Fraktion er zuletzt gearbeitet hatte, war es still um Schäfer geworden. Nur am Rande einer Kundgebung der IB Harz war er noch kurz gesehen worden. Schäfer war führendes Mitglied der militanten Neonazi-Kameradschaft „Wernigeröder Aktionsfront“ (WAF) im Harz, auch tauchte sein Name auf einer Mitgliederliste der „European White Knights of the Ku Klux Klan“ auf. Ende 2005, nach der Auflösung der WAF, wohl um einem Verbot zuvorzukommen, gründete er den Harzer Stützpunkt der JN, saß später auch für die NPD im Kreistag1.

Mit Philip Thaler hat Schäfer die Mitgliedschaft in der Halle-Leobener Burschenschaft Germania gemeinsam, welche als Stützpunkt, sowohl der Kontrakultur Halle, als auch von Ein Prozent gilt. Thaler ist unter anderem Protagonist des von Ein Prozent finanzierten Youtube-Kanals „Laut gedacht“. In einer Sendung zeigt er sich mit einem T-Shirt der Casa Pound nahestehenden Hardcore-Band Bronson.

Die Ein Prozent-Reisegruppe im Publikum (markiert). v.l.n.r.: Michael Schäfer, Philip Thaler, Martin Bader

Michael Schäfer war nicht zum ersten Mal bei Casa Pound zu Gast. Bereits im Sommer 2012 besuchte er deren Anführer Gianluca Iannone gemeinsam mit seinem Nachfolger als JN-Bundesvorsitzenden Andy Knape aus Magdeburg und dem aus Niedersachsen stammenden Julian Monaco, damals ebenfalls Mitglied des JN-Bundesvorstands und Angestellter der sächsischen NPD-Fraktion. Monaco lebt seit 2011 ebenfalls in Dresden und ist heute Mitglied der Dresdener Burschenschaft Salamandria, der auch Ein-Prozent-Praktikant Martin Bader angehört. Das Haus der Burschenschaft dient heute den Dresdener Identitären als Stützpunkt2. Für die JN-Zeitschrift „Der Aktivist“ berichtete die Reisegruppe dann nicht nur über das Treffen mit Iannone, sondern auch von einer Zusammenkunft mit dem damals in Rom unter Hausarrest stehenden NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke, welchen sie als „Kriegsgefangenen“ bezeichneten3.

JN zu Gast bei Casa Pound im Sommer 2012. v.l.n.r.: Julian Monaco, Gianluca Iannone, Andy Knape, Michael Schäfer

Casa Pound entstand im Jahr 2003 in Folge einer Hausbesetzung von Faschisten in Rom. Die Gruppierung bezeichnet sich selbst als „Faschisten des 3. Jahrtausends“ und bezieht sich auf Benito Mussolini und den italienischen Faschismus der 20er und 30er Jahre. Ihre Anhänger zeigen sich zum Teil offen als Neonazis, was auch einige Facebook-Freunde von John Hoewer, der bereits während seines Masterstudiums an der Universität Magdeburg ein Auslandssemester in Rom absolvierte, eindrücklich demonstrieren. Einer postet auf seinem Profil Fotos von einem von der russischen Neonazimarke White Rex gesponsorten Kampfsportturnier, ein Portrait eines Wehrmachtssoldaten und diverse Referenzen auf das faschistische Regiment Azov in der Ukraine. Ein anderer posiert auf seinem Profil neben einer Wehrmachtsuniform mit Hakenkreuzabzeichen und zeigt ein Foto eines Motorrads mit Hakenkreuzaufdruck.

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